Ausstellung im Ober- und Erdgeschoss
10. März – 13. April 2025
Eröffnung: 9. März 2025, 18:00 Uhr
19:00 Uhr: Performance Glass Bodies (Ecology of Relation) von Nicole Wendel und Emma Cocker
Mit: Ina Bierstedt, Carsten Becker, Marcel Buehler, Roberto Uribe Castro, Sunah Choi, Monika Goetz, Tilman Hornig, Felix Kiessling, Isa Melsheimer, Christian Niccoli, Monira Al Qadiri, Shirin Sabahi, Kai Schiemenz, Julius Weiland, Thilo Westermann, Nicole Wendel & Emma Cocker, René Wirths
Kuratiert von Harald F. Theiss nach einer Idee von Ina Bierstedt und René Wirths
Die UNESCO hat Ende 2023 die Manuelle Glasfertigung zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Das lichtdurchleuchtete Material spielt in historischem Kunsthandwerk eine ebenso bedeutende Rolle wie in der Baukunst: von kostbaren, zumeist farbigen Glasfenstern sakraler Bauten bis zur transparenten Architektur der Moderne. Im übertragenen Sinne dient „gläsern“ aber auch als Metapher für Datenschutz, Überwachung oder die Durchleuchtung staatlicher Kontrollmechanismen. In der Gruppenausstellung „G L Ä S E R N – forms of uncontrolled control“ im Schloss Biesdorf nähern sich Künstler:innen diesem mehrdeutigen Begriff in Fotografien, Malereien, Installationen, Skulpturen, Objekten sowie Video- und Neonarbeiten.
Zerbrechlich und doch sehr hart, begehrenswert schön und gefährlich scharfkantig: Glas vereint handwerklich-technische Aspekte mit einer eigenen ästhetischen Kategorie – ein Material, das das Materielle überwindet. Visionäre Transformationen in der Baukunst reagierten auf die gesellschaftlichen Umbrüche der Aufklärung und übersetzten einstmals sakrale Konnotationen des Gläsernen in den Glauben an grenzenlose Offenheit und Demokratie – wie im spektakulären Kristallpalast, den Joseph Paxton für die 1. Weltausstellung 1851 im Londoner Hyde Park entwarf. Das meist lichtdurchlässige Material übt eine Faszination aus. Assoziationen reichen von antikem Kunsthandwerk und kostbaren Gefäßen bis hin zu deren Inhalten, zu Erinnerungen und historischen, geistigen und spirituellen Spuren. Sprachlich betrachtet bedeutet „gläsern“: durchsichtig, transparent, glasklar oder auch glasartig. Im übertragenen Sinne wird damit auch die Offenlegung von – oft gesellschaftspolitischen – Zusammenhängen beschrieben.
Die vielen Facetten von Glas zwischen Medium und Metapher beschäftigen Künstler:innen aller Genres seit jeher. Sie verwenden den amorphen Stoff als Material und versuchen gleichzeitig die Erfahrung einer unwirklichen Transzendenz festzuhalten. Vom „Gläsernen Menschen“ des Deutschen Hygiene-Museums Dresden bis zur „Gläsernen Blume“ im Berliner Palast der Republik – gestalterische Entwicklung und technische Machbarkeit ermöglichen immer mehr Varianten der vertrauten funktionalen, aber auch dekorativen Vielfalt.
Die Ausstellung „G L Ä S E R N – forms of uncontrolled control“ versammelt Arbeiten von Künstler:innen, die sich dem Thema in zeitgenössischen Medien nähern: in Malerei, Fotografie und Film, in Raumzeichnungen und Lichtschriftbildern, installativen oder skulpturalen Formen. Die Künstler:innen der Ausstellung (de-)konstruieren, modifizieren und manipulieren und lassen durch kontextuelle Verschiebungen und Transformationen von Gegenständen und Motiven unkontrollierte Imaginationsräume entstehen. Zwischen ästhetischer Formgebung und narrativer Gestaltung denken sie über soziale Hintergründe, Ressourcen und Recycling oder über veränderte Produktionsbedingungen nach. Die Welt ist gläsern geworden – die Wirklichkeit zum vielfältigen Kaleidoskop.
Aus den Medien:
Die Ausstellung „Gläsern“ in Schloss Biesdorf:
Zerbrechliche Schönheiten zwischen Glück und Grusel
Michaela Nolte, Der Tagesspiegel, 12.03.2025