Costantino Ciervo

„mare nostrum“
Synchronisierte und computergesteuerte 3-Kanal-Videoskulptur, mit einem Gedicht von Marco Mantello, 97 x 171,5 x 19 cm, 2020

Inhaltlich bezieht sich Costantino Ciervo auf das Thema Habitate im Sinne von Grenzen, Migration, Nationen, Menschenrechte und anthropologischer Exodus. mare nostrum zeigt ein dreiteiliges Video, unter dem in weißer Neonschrift der Titel der Arbeit mare nostrum leuchtet. In dem animierten Video wird ein poetischer Text von Marco Mantello mit rotem Garn in eine wogende Meeresoberfläche gestickt.

 

Quando dici legalità, al singolare
quasi ce ne fosse una sola
che sia sacra di suo e solo perché legale
Tu confondi questa lurida morale
dei fatti nostri e del casa tua
con tutti i nomi dei morti in mare

If you say it´s the Law
in its singular form
like there´s only one Law
that is sacred itself on the earth
you confuse moral theory
of your business and home
with the names of the dead
written in water and not in stone

(Wenn du von Gesetz sprichst
im Singular, als gäbe es nur ein Gesetz
als sei es heilig, nur weil es legal ist
verwechselst du die Moral
deiner Angelegenheiten und deines Hauses
mit den ins Wasser geschriebenen Namen der Toten im Meer)

 

„Sew in the Sea“
Videoinstallation mit alten Nähmaschinen, Maße variabel, 2019

Die Videos der Installation Sew in the Sea zeigen in Endlosschleife recherchierte Daten von Schiffsunglücken im Mittelmeer zwischen 2011 und 2017 mit jeweils über 200 Todesopfern. Nüchterne Zahlenfolgen als Symbol großer Tragödien, die als signalrote Stichnaht in die Meeresoberfläche genäht werden.

Im Zentrum steht dabei der Begriff „Exodus“ oder besser gesagt der erweiterte Begriff der Befreiung im Sinne des emanzipatorischen Kampfes, der uns Menschen innenwohnt. Der Exodus erinnert uns nicht nur an die Ursachen und Grundlagen globaler Ungleichheit, an die Folgen postkolonialer Ausbeutung und die Funktionalität des nicht mehr enden wollenden Krieges, sondern er macht es unmöglich, dass wir die Augen vor diesen Zusammenhängen verschließen.

COSTANTINO CIERVO, *1961, Neapel (IT), lebt und arbeitet seit 1984 in Berlin.
Das Themenspektrum der Werke des aus Neapel stammenden Video- und Medienkünstlers umfasst Umwälzungen im Bereich wissenschaftlicher und technologischer Forschung und Entwicklung, besonders der Informatik, KI und Kommunikationstechnologie, sowie ethische und philosophische Fragen im Hinblick auf die Komplexität menschlicher Beziehungen.

Durch unterschiedliche Ausdrucksformen und den Gebrauch verschiedener Medien wie Installation, Videoskulptur, Performance aber auch Fotografie, Zeichnung und Collage untersucht Ciervo im Dialog mit dem Publikum die komplexen Mechanismen von Gesellschaft und Kultur in der kapitalistischen Welt. Seine Werke werden im In- und Ausland ausgestellt und waren u. a. im Museum Tinguely (Basel), ZKM Karlsruhe, Kunstmuseum Centre Pasquart (Biel), in der Fondazione Mudima (Mailand), im National Museum of Contemporary Art (Seoul), Kunstverein Erfurt, Museumsquartier Wien, in den KW Berlin sowie auf der Biennale von Venedig zu sehen. Das Museum Fluxus+ in Potsdam zeigt Werkkomplexe aus verschiedenen Schaffensphasen in der ständigen Ausstellung.


www.ciervo.org

 

Marco Mantello wurde 1972 in Rom geboren. Er lebt in Berlin. Seine ersten Werke wurden in der italienischen Zeitschrift Nuovi Argomenti veröffentlicht. Sein erster Roman, La rabbia, war Finalist im "Dutzend" des italienischen Literaturpreises "Premio Strega" 2012. In den letzten zehn Jahren hat Marco in Berlin an einer siebenteiligen dystopischen Serie namens Abendland gearbeitet. Kürzlich hat er einen Vertrag mit Neri Pozza Editore unterzeichnet und sein nächster Roman, Marie Gulpin, wird im Dezember 2022 erscheinen. Er hat drei Gedichtbände geschrieben und ist in der Anthologie der italienischen Schriftsteller Italville: New Italian Writing (Exile Editions, 2005) vertreten.