Julia Ziegler – Wahrnehmungsmoment

In ihrer Kunst thematisiert Julia Ziegler das Verhältnis von Seherfahrung und Raumerleben, von Illusion und Materialpräsenz und untersucht immer wieder die Beziehung zwischen Form und Zeichen. Ihr konzeptueller Ansatz ist dabei offen für diverse Medien, Techniken und Vorgehensweisen, wie Zeichnung, Malerei, temporäre Arbeiten in situ. Ziegler inszeniert visuelle Wahrnehmungsmomente neu und konzentriert diese in der Abstraktion. Das Sehen bleibt dabei immer im Mittelpunkt: als körperbasierte und dennoch vom Körper losgelöste Tätigkeit, als Potenzial und auch als Prozess. In der Serie Grüne Hölle, thematisiert die Künstlerin einen Wahrnehmungsmoment in der Natur: Ohne Perspektive zu gebrauchen, malt sie einen Ausschnitt des Blicks vom Boden aus nach oben in Baumkronen, wobei der leuchtende Himmel durch grüne und gelbe Laubblätter schimmert. Aus der Nähe betrachtet schwindet diese Sichtweise und es erfolgt eine optische Umkehrung: Die mit pastosem Lack auf transparenten Farbgrund gestempelten Splitterformen werden nicht mehr als Hintergrund, als Himmel und Lichtquelle wahrgenommen, sondern liegen nun im Vordergrund als kleine Motive und lassen die Augen des Betrachters suchend und folgend über die Bildfläche wandern. Hier ringen Chaos und Ordnung, Fläche und Raum, Vorder- und Hintergrund miteinander. Ziegler spielt in ihrer Malerei mit Bildebenen und Strukturen und macht so die Beweglichkeit der visuellen Wahrnehmung in der Malerei erfahrbar.

 

Julia Ziegler (geb. 1963) beendete 1990 ihr Studium der freien Kunst als Meisterschülerin im Bereich Malerei an der Hochschule der Künste Berlin. Seitdem stellt sie regelmäßig in Deutschland und im Ausland aus, erhielt zahlreiche Stipendien und Residenzen (Japan) und ist Mitgründerin von „oqbo – raum für bild wort ton“ in Berlin (seit 2008). Julia Ziegler lebt und arbeitet in Berlin.