Yvon Chabrowski – Diverse Perspektiven und Narrative von Medienbildern

Yvon Chabrowski beschäftigt sich mit medialen Bildformeln, die sie aus ihrem Kontext herauslöst. So vermitteln ihre Arbeiten Bewusstsein für die Grammatik und das Eigenleben allgegenwärtiger Medienbilder, die bekannt und ebenso fremd erscheinen. Mit Methoden künstlerischer Recherche und performativen Strategien untersucht Chabrowski zirkulierende Medienbilder im Verhältnis zu Körpern und transformiert diese in raumgreifende Video-Skulpturen, die fotografische, installative und performative Kunst vereinen und verschiedene Perspektiven und Narrative zulassen. Inhaltlich befassen sich ihre Arbeiten mit aktuellen Debatten und gesellschaftlichen Prozessen sowie mit medienspezifischen Fragen wie: Inwiefern sind stille oder bewegte Bilder Teil eines kollektiven visuellen Gedächtnisses? Inwieweit bleiben sie trotz Kontextverschiebung, Reduktion oder Vergrößerung erkennbar und eröffnen gleichzeitig neue Zusammenhänge und Denkräume? In ihrer fotografischen Arbeit SEA PIECES I-IV von 2014/2015 weisen die gezeigten Wasseroberflächen Störungen auf, Spuren von Eingriffen durch die Künstlerin. Die Bewegung der Wellen erstarrt, doch unter dem beruhigenden Meerblau lebt etwas. Etwas, das verdrängt werden sollte, bleibt auf eine unheimliche Weise sichtbar und gewinnt dadurch an Kraft. Das eigentliche Bildthema – die Flüchtlinge im Mittelmeer – und das Gefühl von Bedrohung, Verdrängung, Gewöhnung verarbeitet Chabrowski hier mithilfe der Fotografie, der die Dialektik von Zeigen und Verbergen innewohnt. Die Video-Skulptur HORIZONTAL ermöglicht eine körperliche, fast intime Erfahrung der Nähe, der Schönheit und des Wohlbefindens gegenüber dem in der visuellen Ökonomie der Gegenwart marginalisierten alternden weiblichen Körper, und dies in einer unüblichen Betrachtungsweise.

 

Yvon Chabrowski (geb. in Ost/Berlin) studierte Fotografie an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst sowie freie Kunst an der École nationale supérieure des beaux-arts de Lyon 2004. Es folgten zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen, Residenzen und Stipendien.

In den letzten Jahren zeigte sie Einzelausstellungen in der Kunsthalle Rostock (2019), im Kunstverein Ruhr (2022), gewann den 7. Internationalen Marianne Brandt Wettbewerb und es erschien ihr Katalog VIDEO AS SCULPTURE. Yvon Chabrowski lebt und arbeitet in Berlin und Leipzig.